Kontrollstuhlraum

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Janet Fraiser
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Beitrag von Janet Fraiser » 08.05.2023, 00:11

Ohne dass sie etwas tun musste, glitt die Tür des Kontrollstuhlraums vor ihr auf und offenbarte eine chaotische Szene vor Janet. Lieutenant Nelson versuchte angestrengt Colonel Sheppard am Leben zu halten, während Doktor Beckett im Kontrollstuhl saß und um ihrer aller Leben kämpfte. Janet wusste immer noch nicht in welchem Zustand sie sich aktuell befanden. Sie hatten ein Wurmloch durchquert und nun scheinbar wieder die Sublichttriebwerke aktiviert, aber mehr war ihr nicht bekannt und mehr war aktuell auch nicht für sie wichtig. Da der Raum mit sechs Personen schon fast überfüllt sein würde, ließen sie die Liege draußen stehen. Mit einem kurzen Blick teilte Janet Max mit, dass er das Intubationsbesteck holen sollte. Darien wies sie an in ihrer Nähe zu bleiben, während sie zu Lieutenant Nelson ging. Die junge Frau schien so sehr auf ihre Arbeit konzentriert zu sein, dass sie noch nicht einmal mitbekommen hatte, dass sie den Raum betreten hatten.

“Lieutenant…” Sanft legte Janet der jungen Frau die Hand auf die Schulter. “Das haben Sie gut gemacht, Lieutenant. Wir übernehmen jetzt.” Als wäre das sein Stichwort gewesen, half Darien der immer noch abwesend wirkenden Lieutenant auf die Beine und führte sie von dem Colonel fort.

Nachdem Max sich um das Intubationsbesteck gekümmert hatte, hatte er bereits die Beatmung des Colonels übernommen und nun, wo Lieutenant Nelson mit ihrer Herzdruckmassage aufgehört hatte, kümmerte er sich auch um diese Aufgabe. Darien blieb noch einen Augenblick bei Nelson, denn die junge Frau wirkte so mitgenommen von der Situation, dass weder er noch Janet sich sicher waren, ob sie nicht bald noch einen zweiten Notfall bekommen würden. Erst als die Lieutenant zu ihrer Arbeit zurückkehrte, begann auch Darien Janet und Max zu unterstützen und sie begannen gemeinsam den Colonel zu intubieren. Die Atemwege waren schon am Kollabieren und es fiel Janet äußerst schwer den Tubus zu setzen. Wertvolle Sekunden verstrichen, bis der Beatmungsschlauch endlich an Ort und Stelle saß und sie sich auf die Herzdruckmassage konzentrieren konnte. Die Frage, wie lange sich der Colonel schon in diesem Zustand befand, lag ihr auf den Lippen, aber da sie davon ausging, dass Lieutenant Nelson jedes Zeitgefühl verloren hatte, sprach sie sie nicht aus. Es gab Berichte von Personen, die eine halbe Stunde lang ohne Puls gewesen waren, aber dank einer durchgängigen Behandlung noch nicht einmal Hirnschäden davongetragen hatten. Noch war also nicht jede Hoffnung verloren.

Ohne weitere Absprachen zu treffen, bereitete Darien den Defibrilator vor, Janet zerschnitt die Uniform des Colonels, um besseren Zugriff auf seinen Brustkorb zu haben und ihn defibrillieren zu können, falls es nötig sein sollte. Dabei stellte sie fest, dass zumindest noch eine Elektrode des EKGs an Ort und Stelle war. Die Nulllinie stammte also wirklich von dem Colonel und entstand nicht dadurch, dass das EKG einfach nicht mehr angeschlossen war. Aus den Augenwinkeln bemerkte Janet, dass Spritzen neben sie gelegt wurden. Adrenalin.
“Doktor Beckett hat noch 4 mg Adrenalin und 6 mg Epinephrin in seiner Tasche.”, teilte Darien ihr mit und Janet nickte leicht. Da sie davon ausging, dass die Fläschchen in Doktor Becketts Notfalltasche vorher voll gewesen waren, konnte sie dadurch errechnen, welche Medikamente der Colonel bereits erhalten hatte. Lieutenant Nelson konnte es ihnen gewiss nicht sagen und Doktor Beckett durften sie nun unter keinen Umständen stören.

“Danke.”, bestätigte Janet kurz, dass sie Darien verstanden hatte und verabreichte dem Colonel eine weitere Dosis Adrenalin direkt ins Herz. Er hatte zwar schon mehr als die maximale Dosis erhalten, aber da sie ihn mit großer Wahrscheinlichkeit verlieren würden, wenn sie es nicht versuchten, zögerte Janet nicht die Dosis zu überschreiten.

“Doktor…”, machte Max sie kurz darauf auf einen blauen Fleck an Sheppards Hals aufmerksam.

Janet richtete nur kurz ihren Blick darauf. Wenn sich bereits Leichenflecke bildeten…
“Wegdrückbar?”, fragte sie, während sie ohne zu zögern weiterhin die Herzdruckmassage durchführte.

“Negativ.”

“Blauer Fleck.”, entschied Janet. Also doch kein Leichenfleck. Es bestand noch Hoffnung.

“Zeit?”

“Drei Minuten seit Eintreffen.”, beantworte Darien Janets Frage und sie nickte nur leicht. Je länger sie brauchten, desto unsicherer wurde Janet, ob sie den Colonel retten konnten. Aber diese Worte würde sie nicht vor Lieutenant Nelson aussprechen. Selbst wenn jede Hoffnung verloren war, die Wahrheit würde sie ihr erst nach dieser Höllenmission mitteilen.

Plötzlich begann das EKG ein leises Piepsen von sich zu geben und Janet hielt sofort inne. Das Herz des Colonels hatte tatsächlich wieder angefangen zu schlagen.

“Sinusbradykardie…” Janet fing an wieder Hoffnung zu fassen, doch dann begannen auf einmal die Lichter im Kontrollstuhlraum zu flackern und der Puls wurde wieder schwächer. “Was zum…”, murmelte Janet, bis sie begriff, was geschah. Die Hand des Colonels berührte noch die Basis des Kontrollstuhls. Mit dem Einsetzen des Pulses musste er auch wieder einen bewussten Gedanken gehabt haben und so wie sie den Colonel kannte, musste er an die Kontrolle der Stadt gedacht haben. Aber er war nicht mehr der Pilot der Stadt und sie konnte sich gut vorstellen, dass seine vermutlich wirren, unklaren Gedanken wie Störsignale wirken mussten.

“Er muss weiter vom Kontrollstuhl weg.”, entschied Janet und Max packte den Colonel sofort unter den Armen und zog ihn zu der Tür des Kontrollstuhlraums. Durch die größere Entfernung hörte das Flackern der Lichter wieder auf, aber was auch immer in diesem kurzen Moment geschehen war, es hatte ausgereicht, um das Herz des Colonels wieder zum Stocken zu bringen.

“Kammerflimmern. Defibrillator laden.”, wies sie Darien an, während Max wieder die Beatmung des Colonels übernommen hatte. Während der Defibrillator aufgeladen wurde, platzierte Janet die Gelpads auf der Brust des Colonels und griff dann sofort nach den Paddeln.

“Abstand.”, befahl sie vor allem Max an und versuchte das Herz des Colonels durch den Stromschlag wieder zu einem normalen Rhythmus zu zwingen. Kurz konnte sie zwei normale Herzschläge auf der EKG-Anzeige des Defibrillators erkennen, doch das Herz geriet schon wieder ins Stocken und begann zu flimmern. “Noch einmal.” Der Körper des Colonels zuckte zusammen, als sie ihm einen zweiten, stärkeren Stromschlag gab, doch dieses Mal schien es Wirkung zu zeigen. Zwei schwachen Pulsschlägen folgten immer stärkere Auslenkungen, die schließlich zu einer akzeptablen Pulsfrequenz zurückkehrten. Der Brustkorb des Colonels hob und senkte sich leicht, als der Atemreflex wieder einsetzte und Janet seufzte erleichtert.

“Wir haben ihn wieder. Gut gemacht. Bringen wir ihn auf die Krankenstation.”, entschied sie und kümmerte sich um die Kabel des EKGs und den Beatmungsschlauch, während Darien und Max den Colonel vorsichtig auf die Liege legten und dort für den Transport fixierten. Mit geübten Handgriffen packte Darien wieder die Notfalltasche und wollte sich gemeinsam mit Max schon auf den Weg machen, als Janet ihn ansah und den Kopf schüttelte. Sie konnte unmöglich hierbleiben, aber nach dem, was Colonel Sheppard passiert war, und auch den Dingen, die Lieutenant Nelson hatte ansehen müssen, war es ihr lieber, wenn einer der Sanitäter im Kontrollstuhlraum blieb.

“Darien, Sie bleiben hier. Kontaktieren Sie mich sofort, wenn es Probleme geben sollte.”, wies sie ihn an und griff dann wieder zu ihrem Funkgerät.

“Fraiser an Kontrollraum, wir brauchen unverzüglich die Transporter!”, teilte sie dem Kontrollraum mit. Aktuell atmete der Colonel zwar selbstständig und auch sein Herz schlug beständig, aber das konnte sich im Nu ändern. Noch war er nicht über den Berg und nachdem es so lange gedauert hatte, bis sein Herz wieder angefangen hatte zu schlagen, befürchtete Janet, dass der Kampf um das Leben des Colonels noch nicht gewonnen war. Erst wenn in drei oder auch vier Tagen das Post-Reanimationssyndrom abklang und der Colonel wieder zu Bewusstsein kommen würde, würde sie endgültig aufatmen können.

Während Max und sie die Liege zum Transporter schoben, aktivierte Janet noch einmal ihr Funkgerät.

“Fraiser an Copeland. Kaitlin, ich möchte, dass sie alles für die Stabilisierung eines gerade reanimierten Patienten in einem freien Isolationsraum vorbereiten. Außerdem brauche ich den Scanner und die Ergebnisse von Colonel Sheppards letzten Scans, sobald ich auf der Krankenstation eintreffe.”, wies sie ihre Oberschwester aus dem SGC an. Je schneller sie den Colonel nun ins künstliche Koma legen, seine Körpertemperatur auf 35 °C absenken und auch die Sauerstoffsättigung seines Bluts reduzieren würden, desto größer waren seine Überlebenschancen. Außerdem mussten sie überprüfen, ob er durch die Wiederbelebungsmaßnahmen Rippenbrüche oder vielleicht sogar Hirnblutungen durch die Überbelastung im Kontrollstuhl erlitten hatte. Das Blut an seiner Nase konnte leider darauf hindeuten.

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Carson Beckett
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Beitrag von Carson Beckett » 25.06.2023, 16:14

Carsons Augen bewegten sich hastig unter seinen geschlossenen Lidern. Aber das, was auch der Hinweis auf einen lebhaften Traum sein konnte, war in diesem Fall seine körperliche Reaktion darauf, was sich vor seinem inneren Auge abspielte. Seine Gedanken waren vollständig auf die notwendigen Kursanpassungen ausgerichtet. Durch die Ungeduld der Stadt und Dringlichkeit ihrer Situation war er so schnell und tief in die Trance und Schiffssysteme eingetaucht, dass er die Antwort von Elizabeth Weir auf seinen eigenen Funkspruch gar nicht mehr wahrgenommen hatte.

Atlantis‘ Sensoren lieferten weiterhin zuverlässig diverse Daten und die Stadt präsentierte diese in Form von für ihn verständlichen Grafiken seinem Geist. Der Schotte bemühte sich nicht daran zu denken, wie beängstigend es doch war eine solche Verbindung mit einer Maschine einzugehen und welchen Risiken sein eigenes Gehirn und seinen Körper dadurch ausgesetzt waren. Auch wenn diese Tatsachen immer mal dezent in seinem Hinterkopf anzuklopfen schienen.
Carson betrachtete weiterhin die Darstellung ihrer Flugroute. Das Spiel aus Bremsung und Kursanpassung setzte sich fort und Stück für Stück schien es zu gelingen die Stadt aus dem rot markierten Bereich hinauszuziehen. Auch die Drehung von Atlantis war fast vollständig vollzogen und die Unterseite der Stadt damit nun zur Oberfläche des Planeten ausgerichtet.

Der Mediziner war schon innerlich im Begriff aufzuatmen, als die Daten und Grafiken um ihn herum plötzlich in ein absolutes Chaos umschlugen. Seine Sinne wurden schlagartig von einer Weller an Informationen überflutet, die schon beinahe in physischen Schmerz umschlugen. Gleichzeitig entglitt ihm die Verbindung zu Atlantis auf eine Art, die er noch nie erlebt hatte. Es war als würde sich eine andere Präsenz, eine erschreckend kraftvolle und durchsetzungsstarke, zwischen ihn und die Stadt drängen. Aber anstelle von Klarheit war diese Präsenz von Hektik und Chaos gezeichnet. Carson war völlig überrumpelt und überfordert. Und ebenso anscheinend auch Atlantis.
Diverse Warnmeldungen ploppten vor seinem inneren Auge auf, da Atlantis ihrerseits anscheinend unschlüssig war, wer nun die Kontrolle innehatte. Er spürte regelrecht wie die zuvor stabilen Energieflüsse innerhalb der Stadt ins Wanken gerieten. Über- und Unterspannungen sorgten für Stromausfälle in mehreren Bereichen, während Teilsysteme abstürzten oder einfach nicht mehr reagierten. Und nicht nur das, auch die eingeleiteten Maßnahmen zur Kurskorrektur entglitten der notwendigen Taktung. Der Schotte sah wie aus dem Augenwinkel weiterhin die grafische Darstellung der Flugbahn und realisierte, dass die Stadt erneut ins Kippen geriet. Panik stieg in ihm auf. Doch egal welche Befehle er gedanklich versuchte der Stadt zuzuspielen, er schien nicht durchzukommen. Oder sich zumindest nicht durchzusetzen.

Doch dann plötzlich, war die Präsenz weg und Carson fühlte sich, als würde er regelrecht wieder in die Tiefen der Schiffssysteme katapultiert. Erneut sorgte die schlagartige Veränderung für einen physischen Schmerz, der hinter den Augen durch seinen Schädel zog. Es kostete Kraft und mehrere Sekunden, bis seine Verbindung mit Atlantis wieder die vorherige Stabilität erreicht hatte. Die Stadt hörte wieder auf ihn. Gott sei Dank…

Carson lenkte erneut die notwendigen Korrekturen ein und das keine Sekunde zu spät. Die Hitzewerte auf den Schilden und weiteren Sensordaten bestätigten ihm, dass sie die obere Schicht bereits durchdrungen hatten nun endgültig dabei waren in die Atmosphäre ihres Zielplaneten einzutreten. Ein zunehmend stärker werdendes Vibrieren setzte ein und zog sich durch die gesamte Stadt.
Die Hitzeentwicklung auf den Schilden war massiv und ließ die Stadt für Außenstehende vermutlich als riesiger Feuerball am Himmel erscheinen. Carson hatte keine Ahnung, ob dieser Planet bewohnt war, er hatte nicht die geistigen Kapazitäten gehabt sich mit all den eigentlich offensichtlichen Fragen zu ihrem Zielort zu befassen. Das einzig entscheidende war, dass dieser Planet den richtigen Abstand zur Sonne dieses Systems besaß und über flüssiges Wasser verfügte. Und zugegeben hatte er sich vermutlich auch etwas von seinem Gefühl, dass Atlantis ihr Ziel durchaus bekannt war, beeinflussen lassen. Er konnte nicht einmal sagen, woher dieser Eindruck kam. Aber irgendwie war er sich sicher, dass Atlantis diesen Planeten als sicheren Hafen für sie einstufte. Er hoffte nur inständig, dass ihn sein Gefühl hier nicht täuschte… Andererseits hatte es bereits in dem Moment, in dem er in diesem Stuhl Platz genommen hatte, keinerlei Alternativen mehr zu diesem Landemanöver gegeben.

Das Vibrieren der Stadt verstärkte sich noch einen Moment und dann auf einmal verstummte es. Die Hitzewerte auf den Schilden gingen ebenso schlagartig zurück. Carson atmete auf, als Atlantis in eine ruhige und entspannte Flugbahn geleitete. Die Stadt blendete ihm bereits geeignete Koordinaten für ihre Landung ein. Der zeitliche Druck fiel ebenso ab, wie die Spannung in seinen Schultern.
Der Arzt wagte es sich etwas von der Stadt zu lösen und öffnete nur wenig später seine Augen. Er blinzelte einige Male und realisierte erst in diesem Augenblick den Schweißfilm, der seine Haut überzog und seine Augenlider klebrig wirken ließ. Seine linke Hand löste sich von dem Gelpad und Carson aktivierte sein Funkgerät:


„Carson an Dr. Weir, wir haben den Eintritt in die Atmosphäre geschafft! Atlantis schlägt bereits geeignete Koordinaten vor, mit Ihrer Erlaubnis würde ich die Stadt landen.“
“We are going to fight. We are going to be hurt. And in the end, we will stand.”
― "Roland Deschain" aus Stephen King, "The Drawing of the Three"
Das nebenstehende Avatarbild basiert auf dem Bild "Paul McGillion" aus der Mediendatenbank Flickr und wurde unter der Attribution-NonCommercial-ShareAlike 2.0 Generic (CC BY-NC-SA 2.0)-Lizenz veröffentlicht. Der Urheber des Bildes ist fc.nz.

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Elizabeth Weir
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Beitrag von Elizabeth Weir » 09.09.2023, 21:35

Funkspruch aus dem Kontrollraum

„Carson. Landen sie, aber bleiben sie so weit wie möglich vom Land weg. Wir wollen erst noch mehr Daten sammeln, bevor wir an Land gehen. Dr. Weir Ende.“

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