Kontrollstuhlraum

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Janet Fraiser
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Beitrag von Janet Fraiser » 08.05.2023, 00:11

Ohne dass sie etwas tun musste, glitt die Tür des Kontrollstuhlraums vor ihr auf und offenbarte eine chaotische Szene vor Janet. Lieutenant Nelson versuchte angestrengt Colonel Sheppard am Leben zu halten, während Doktor Beckett im Kontrollstuhl saß und um ihrer aller Leben kämpfte. Janet wusste immer noch nicht in welchem Zustand sie sich aktuell befanden. Sie hatten ein Wurmloch durchquert und nun scheinbar wieder die Sublichttriebwerke aktiviert, aber mehr war ihr nicht bekannt und mehr war aktuell auch nicht für sie wichtig. Da der Raum mit sechs Personen schon fast überfüllt sein würde, ließen sie die Liege draußen stehen. Mit einem kurzen Blick teilte Janet Max mit, dass er das Intubationsbesteck holen sollte. Darien wies sie an in ihrer Nähe zu bleiben, während sie zu Lieutenant Nelson ging. Die junge Frau schien so sehr auf ihre Arbeit konzentriert zu sein, dass sie noch nicht einmal mitbekommen hatte, dass sie den Raum betreten hatten.

“Lieutenant…” Sanft legte Janet der jungen Frau die Hand auf die Schulter. “Das haben Sie gut gemacht, Lieutenant. Wir übernehmen jetzt.” Als wäre das sein Stichwort gewesen, half Darien der immer noch abwesend wirkenden Lieutenant auf die Beine und führte sie von dem Colonel fort.

Nachdem Max sich um das Intubationsbesteck gekümmert hatte, hatte er bereits die Beatmung des Colonels übernommen und nun, wo Lieutenant Nelson mit ihrer Herzdruckmassage aufgehört hatte, kümmerte er sich auch um diese Aufgabe. Darien blieb noch einen Augenblick bei Nelson, denn die junge Frau wirkte so mitgenommen von der Situation, dass weder er noch Janet sich sicher waren, ob sie nicht bald noch einen zweiten Notfall bekommen würden. Erst als die Lieutenant zu ihrer Arbeit zurückkehrte, begann auch Darien Janet und Max zu unterstützen und sie begannen gemeinsam den Colonel zu intubieren. Die Atemwege waren schon am Kollabieren und es fiel Janet äußerst schwer den Tubus zu setzen. Wertvolle Sekunden verstrichen, bis der Beatmungsschlauch endlich an Ort und Stelle saß und sie sich auf die Herzdruckmassage konzentrieren konnte. Die Frage, wie lange sich der Colonel schon in diesem Zustand befand, lag ihr auf den Lippen, aber da sie davon ausging, dass Lieutenant Nelson jedes Zeitgefühl verloren hatte, sprach sie sie nicht aus. Es gab Berichte von Personen, die eine halbe Stunde lang ohne Puls gewesen waren, aber dank einer durchgängigen Behandlung noch nicht einmal Hirnschäden davongetragen hatten. Noch war also nicht jede Hoffnung verloren.

Ohne weitere Absprachen zu treffen, bereitete Darien den Defibrilator vor, Janet zerschnitt die Uniform des Colonels, um besseren Zugriff auf seinen Brustkorb zu haben und ihn defibrillieren zu können, falls es nötig sein sollte. Dabei stellte sie fest, dass zumindest noch eine Elektrode des EKGs an Ort und Stelle war. Die Nulllinie stammte also wirklich von dem Colonel und entstand nicht dadurch, dass das EKG einfach nicht mehr angeschlossen war. Aus den Augenwinkeln bemerkte Janet, dass Spritzen neben sie gelegt wurden. Adrenalin.
“Doktor Beckett hat noch 4 mg Adrenalin und 6 mg Epinephrin in seiner Tasche.”, teilte Darien ihr mit und Janet nickte leicht. Da sie davon ausging, dass die Fläschchen in Doktor Becketts Notfalltasche vorher voll gewesen waren, konnte sie dadurch errechnen, welche Medikamente der Colonel bereits erhalten hatte. Lieutenant Nelson konnte es ihnen gewiss nicht sagen und Doktor Beckett durften sie nun unter keinen Umständen stören.

“Danke.”, bestätigte Janet kurz, dass sie Darien verstanden hatte und verabreichte dem Colonel eine weitere Dosis Adrenalin direkt ins Herz. Er hatte zwar schon mehr als die maximale Dosis erhalten, aber da sie ihn mit großer Wahrscheinlichkeit verlieren würden, wenn sie es nicht versuchten, zögerte Janet nicht die Dosis zu überschreiten.

“Doktor…”, machte Max sie kurz darauf auf einen blauen Fleck an Sheppards Hals aufmerksam.

Janet richtete nur kurz ihren Blick darauf. Wenn sich bereits Leichenflecke bildeten…
“Wegdrückbar?”, fragte sie, während sie ohne zu zögern weiterhin die Herzdruckmassage durchführte.

“Negativ.”

“Blauer Fleck.”, entschied Janet. Also doch kein Leichenfleck. Es bestand noch Hoffnung.

“Zeit?”

“Drei Minuten seit Eintreffen.”, beantworte Darien Janets Frage und sie nickte nur leicht. Je länger sie brauchten, desto unsicherer wurde Janet, ob sie den Colonel retten konnten. Aber diese Worte würde sie nicht vor Lieutenant Nelson aussprechen. Selbst wenn jede Hoffnung verloren war, die Wahrheit würde sie ihr erst nach dieser Höllenmission mitteilen.

Plötzlich begann das EKG ein leises Piepsen von sich zu geben und Janet hielt sofort inne. Das Herz des Colonels hatte tatsächlich wieder angefangen zu schlagen.

“Sinusbradykardie…” Janet fing an wieder Hoffnung zu fassen, doch dann begannen auf einmal die Lichter im Kontrollstuhlraum zu flackern und der Puls wurde wieder schwächer. “Was zum…”, murmelte Janet, bis sie begriff, was geschah. Die Hand des Colonels berührte noch die Basis des Kontrollstuhls. Mit dem Einsetzen des Pulses musste er auch wieder einen bewussten Gedanken gehabt haben und so wie sie den Colonel kannte, musste er an die Kontrolle der Stadt gedacht haben. Aber er war nicht mehr der Pilot der Stadt und sie konnte sich gut vorstellen, dass seine vermutlich wirren, unklaren Gedanken wie Störsignale wirken mussten.

“Er muss weiter vom Kontrollstuhl weg.”, entschied Janet und Max packte den Colonel sofort unter den Armen und zog ihn zu der Tür des Kontrollstuhlraums. Durch die größere Entfernung hörte das Flackern der Lichter wieder auf, aber was auch immer in diesem kurzen Moment geschehen war, es hatte ausgereicht, um das Herz des Colonels wieder zum Stocken zu bringen.

“Kammerflimmern. Defibrillator laden.”, wies sie Darien an, während Max wieder die Beatmung des Colonels übernommen hatte. Während der Defibrillator aufgeladen wurde, platzierte Janet die Gelpads auf der Brust des Colonels und griff dann sofort nach den Paddeln.

“Abstand.”, befahl sie vor allem Max an und versuchte das Herz des Colonels durch den Stromschlag wieder zu einem normalen Rhythmus zu zwingen. Kurz konnte sie zwei normale Herzschläge auf der EKG-Anzeige des Defibrillators erkennen, doch das Herz geriet schon wieder ins Stocken und begann zu flimmern. “Noch einmal.” Der Körper des Colonels zuckte zusammen, als sie ihm einen zweiten, stärkeren Stromschlag gab, doch dieses Mal schien es Wirkung zu zeigen. Zwei schwachen Pulsschlägen folgten immer stärkere Auslenkungen, die schließlich zu einer akzeptablen Pulsfrequenz zurückkehrten. Der Brustkorb des Colonels hob und senkte sich leicht, als der Atemreflex wieder einsetzte und Janet seufzte erleichtert.

“Wir haben ihn wieder. Gut gemacht. Bringen wir ihn auf die Krankenstation.”, entschied sie und kümmerte sich um die Kabel des EKGs und den Beatmungsschlauch, während Darien und Max den Colonel vorsichtig auf die Liege legten und dort für den Transport fixierten. Mit geübten Handgriffen packte Darien wieder die Notfalltasche und wollte sich gemeinsam mit Max schon auf den Weg machen, als Janet ihn ansah und den Kopf schüttelte. Sie konnte unmöglich hierbleiben, aber nach dem, was Colonel Sheppard passiert war, und auch den Dingen, die Lieutenant Nelson hatte ansehen müssen, war es ihr lieber, wenn einer der Sanitäter im Kontrollstuhlraum blieb.

“Darien, Sie bleiben hier. Kontaktieren Sie mich sofort, wenn es Probleme geben sollte.”, wies sie ihn an und griff dann wieder zu ihrem Funkgerät.

“Fraiser an Kontrollraum, wir brauchen unverzüglich die Transporter!”, teilte sie dem Kontrollraum mit. Aktuell atmete der Colonel zwar selbstständig und auch sein Herz schlug beständig, aber das konnte sich im Nu ändern. Noch war er nicht über den Berg und nachdem es so lange gedauert hatte, bis sein Herz wieder angefangen hatte zu schlagen, befürchtete Janet, dass der Kampf um das Leben des Colonels noch nicht gewonnen war. Erst wenn in drei oder auch vier Tagen das Post-Reanimationssyndrom abklang und der Colonel wieder zu Bewusstsein kommen würde, würde sie endgültig aufatmen können.

Während Max und sie die Liege zum Transporter schoben, aktivierte Janet noch einmal ihr Funkgerät.

“Fraiser an Copeland. Kaitlin, ich möchte, dass sie alles für die Stabilisierung eines gerade reanimierten Patienten in einem freien Isolationsraum vorbereiten. Außerdem brauche ich den Scanner und die Ergebnisse von Colonel Sheppards letzten Scans, sobald ich auf der Krankenstation eintreffe.”, wies sie ihre Oberschwester aus dem SGC an. Je schneller sie den Colonel nun ins künstliche Koma legen, seine Körpertemperatur auf 35 °C absenken und auch die Sauerstoffsättigung seines Bluts reduzieren würden, desto größer waren seine Überlebenschancen. Außerdem mussten sie überprüfen, ob er durch die Wiederbelebungsmaßnahmen Rippenbrüche oder vielleicht sogar Hirnblutungen durch die Überbelastung im Kontrollstuhl erlitten hatte. Das Blut an seiner Nase konnte leider darauf hindeuten.

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Carson Beckett
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Beitrag von Carson Beckett » 25.06.2023, 16:14

Carsons Augen bewegten sich hastig unter seinen geschlossenen Lidern. Aber das, was auch der Hinweis auf einen lebhaften Traum sein konnte, war in diesem Fall seine körperliche Reaktion darauf, was sich vor seinem inneren Auge abspielte. Seine Gedanken waren vollständig auf die notwendigen Kursanpassungen ausgerichtet. Durch die Ungeduld der Stadt und Dringlichkeit ihrer Situation war er so schnell und tief in die Trance und Schiffssysteme eingetaucht, dass er die Antwort von Elizabeth Weir auf seinen eigenen Funkspruch gar nicht mehr wahrgenommen hatte.

Atlantis‘ Sensoren lieferten weiterhin zuverlässig diverse Daten und die Stadt präsentierte diese in Form von für ihn verständlichen Grafiken seinem Geist. Der Schotte bemühte sich nicht daran zu denken, wie beängstigend es doch war eine solche Verbindung mit einer Maschine einzugehen und welchen Risiken sein eigenes Gehirn und seinen Körper dadurch ausgesetzt waren. Auch wenn diese Tatsachen immer mal dezent in seinem Hinterkopf anzuklopfen schienen.
Carson betrachtete weiterhin die Darstellung ihrer Flugroute. Das Spiel aus Bremsung und Kursanpassung setzte sich fort und Stück für Stück schien es zu gelingen die Stadt aus dem rot markierten Bereich hinauszuziehen. Auch die Drehung von Atlantis war fast vollständig vollzogen und die Unterseite der Stadt damit nun im richtigen Winkel zur Atmosphäre des Planeten ausgerichtet.

Der Mediziner war schon innerlich im Begriff aufzuatmen, als die Daten und Grafiken um ihn herum plötzlich in ein absolutes Chaos umschlugen. Seine Sinne wurden schlagartig von einer Weller an Informationen überflutet, die schon beinahe in physischen Schmerz umschlugen. Gleichzeitig entglitt ihm die Verbindung zu Atlantis auf eine Art, die er noch nie erlebt hatte. Es war als würde sich eine andere Präsenz, eine erschreckend kraftvolle und durchsetzungsstarke, zwischen ihn und die Stadt drängen. Aber anstelle von Klarheit war diese Präsenz von Hektik und Chaos gezeichnet. Carson war völlig überrumpelt und überfordert. Und ebenso anscheinend auch Atlantis.
Diverse Warnmeldungen ploppten vor seinem inneren Auge auf, da Atlantis ihrerseits anscheinend unschlüssig war, wer nun die Kontrolle innehatte. Er spürte regelrecht wie die zuvor stabilen Energieflüsse innerhalb der Stadt ins Wanken gerieten. Über- und Unterspannungen sorgten für Stromausfälle in mehreren Bereichen, während Teilsysteme abstürzten oder einfach nicht mehr reagierten. Und nicht nur das, auch die eingeleiteten Maßnahmen zur Kurskorrektur entglitten der notwendigen Taktung. Der Schotte sah wie aus dem Augenwinkel weiterhin die grafische Darstellung der Flugbahn und realisierte, dass die Stadt erneut ins Kippen geriet. Panik stieg in ihm auf. Doch egal welche Befehle er gedanklich versuchte der Stadt zuzuspielen, er schien nicht durchzukommen. Oder sich zumindest nicht durchzusetzen.

Doch dann plötzlich, war die Präsenz weg und Carson fühlte sich, als würde er regelrecht wieder in die Tiefen der Schiffssysteme katapultiert. Erneut sorgte die schlagartige Veränderung für einen physischen Schmerz, der hinter den Augen durch seinen Schädel zog. Es kostete Kraft und mehrere Sekunden, bis seine Verbindung mit Atlantis wieder die vorherige Stabilität erreicht hatte. Die Stadt hörte wieder auf ihn. Gott sei Dank…

Carson lenkte erneut die notwendigen Korrekturen ein und das keine Sekunde zu spät. Die Hitzewerte auf den Schilden und weiteren Sensordaten bestätigten ihm, dass sie die obere Schicht bereits durchdrungen hatten nun endgültig dabei waren in die Atmosphäre ihres Zielplaneten einzutreten. Ein zunehmend stärker werdendes Vibrieren setzte ein und zog sich durch die gesamte Stadt.
Die Hitzeentwicklung auf den Schilden war massiv und ließ die Stadt für Außenstehende vermutlich als riesiger Feuerball am Himmel erscheinen. Carson hatte keine Ahnung, ob dieser Planet bewohnt war, er hatte nicht die geistigen Kapazitäten gehabt sich mit all den eigentlich offensichtlichen Fragen zu ihrem Zielort zu befassen. Das einzig entscheidende war, dass dieser Planet den richtigen Abstand zur Sonne dieses Systems besaß und über flüssiges Wasser verfügte. Und zugegeben hatte er sich vermutlich auch etwas von seinem Gefühl, dass Atlantis ihr Ziel durchaus bekannt war, beeinflussen lassen. Er konnte nicht einmal sagen, woher dieser Eindruck kam. Aber irgendwie war er sich sicher, dass Atlantis diesen Planeten als sicheren Hafen für sie einstufte. Er hoffte nur inständig, dass ihn sein Gefühl hier nicht täuschte… Andererseits hatte es bereits in dem Moment, in dem er in diesem Stuhl Platz genommen hatte, keinerlei Alternativen mehr zu diesem Landemanöver gegeben.

Das Vibrieren der Stadt verstärkte sich noch einen Moment und dann auf einmal verstummte es. Die Hitzewerte auf den Schilden gingen ebenso schlagartig zurück. Carson atmete auf, als Atlantis in eine ruhige und entspannte Flugbahn geleitete. Die Stadt blendete ihm bereits geeignete Koordinaten für ihre Landung ein. Der zeitliche Druck fiel ebenso ab, wie die Spannung in seinen Schultern.
Der Arzt wagte es sich etwas von der Stadt zu lösen und öffnete nur wenig später seine Augen. Er blinzelte einige Male und realisierte erst in diesem Augenblick den Schweißfilm, der seine Haut überzog und seine Augenlider klebrig wirken ließ. Seine linke Hand löste sich von dem Gelpad und Carson aktivierte sein Funkgerät:


„Carson an Dr. Weir, wir haben den Eintritt in die Atmosphäre geschafft! Atlantis schlägt bereits geeignete Koordinaten vor, mit Ihrer Erlaubnis würde ich die Stadt landen.“
Zuletzt geändert von Carson Beckett am 13.04.2024, 07:53, insgesamt 1-mal geändert.
“We are going to fight. We are going to be hurt. And in the end, we will stand.”
― "Roland Deschain" aus Stephen King, "The Drawing of the Three"
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Elizabeth Weir
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Beitrag von Elizabeth Weir » 09.09.2023, 21:35

Funkspruch aus dem Kontrollraum

„Carson. Landen sie, aber bleiben sie so weit wie möglich vom Land weg. Wir wollen erst noch mehr Daten sammeln, bevor wir an Land gehen. Dr. Weir Ende.“

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Carson Beckett
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Beitrag von Carson Beckett » 14.10.2023, 21:24

Nachdem Carson seinen Funkspruch an den Kontrollraum abgesetzt hatte, atmete er hörbar tief durch und schloss dabei erneut seine Augen. Himmel war er erleichtert, dass sie es bis hierher geschafft hatten… Irgendwie konnte er noch gar nicht glauben, dass er es tatsächlich geschafft hatte diese monströse Stadt zu steuern, während sie in die Atmosphäre eines fremden Planeten eingetreten war. Aber das hatte er. Und auch noch erfolgreich. Himmel, was für ein Erlebnis…
Doch der Mediziner riss sich wieder am Riemen und hielt seine Gedanken beisammen, denn die Arbeit war für ihn noch längst nicht abgeschlossen. Auch wenn Atlantis momentan entspannt durch die Luftschichten dieses Planeten glitt und die ersten harmlosen Wolkenbänder durchstieß, war eine Landung einer solchen Stadt sicher auch nicht mit Leichtigkeit umzusetzen. Zumindest nicht für ihn als Laien. Bei John hätte das sicher anders ausgesehen. Und parallel zu diesem Gedankengang erlangte das Schicksal des Colonels wieder Einzug in Carsons Bewusstsein.

Der Schotte öffnete erneut seine Augen und hob den Kopf ein wenig, um sich umzusehen. Er konnte weder John noch Janet im Raum ausmachen, auch einer der Sanitäter fehlte. Wie war sein Name gleich? Maxim oder Max? Aber dafür erblickte Carson Lieutenant Nelson und den zweiten Sanitäter, Darien. Er war sich nicht sicher warum letzterer noch hier war, weder der junge Lieutenant noch er selbst hatten irgendwelche gravierenden Verletzungen davongetragen. Aber er vermutete mal, dass es sich um eine Art Sicherheitsvorkehrung handelte, die Dr. Fraiser umgesetzt hatte. Nun, diese Ärztin hatte zweifelsfrei einiges an Erfahrung aus ihren Jahren im SGC und stand den Kräften, die die letzten Jahre in dieser Antikerstadt verbracht hatten, eindeutig in nichts nach. Nach dem was mit Sheppard in diesem Stuhl geschehen war, hätte er sich auch dafür entschieden sich selbst vorsichthalber im Auge zu behalten.
Carson hatte unbewusst begonnen leicht auf seiner Unterlippe zu kauen, bemerkte dies nun aber und stoppte damit sofort. Da es vermutlich noch einen Augenblick dauern würde, bis Dr. Weir ihm mit ihrer Entscheidung antwortete, wandte sich der Mediziner an seine beiden Kompagnons in diesem Raum.


„Was ist mit Colonel Sheppard? Gibt es etwas Neues zu seinem Zustand?“

Nicht lange, nachdem er seine Frage ausgesprochen hatte, meldete sich Elizabeth auch schon per Funk. Carson lauschte aufmerksam dem von ihr erteilten Auftrag. Okay, weiter vom Land weg landen als vorgeschlagen, das dürfte ja eigentlich nicht so schwer umzusetzten sein.
Der Schotte griff an sein Funkgerät, um direkt eine Antwort zu übermitteln:


„Verstanden, Dr. Weir. Ich werde die notwendigen Korrekturen umsetzten. Carson, Ende.“

Nachdem das erledigt war, blickte Carson noch einmal zu Sandra und Damien und nickte den beiden kurz zu, als eine Art knappe Verabschiedung, da er sich jetzt erstmal wieder in die Tranceverbindung mit der Stadt begeben würde. Dann schloss er seine Augen und ließ die ganzen Informationen und Verlaufsdaten des bisherigen Fluges vom Rande seiner Wahrnehmung wieder in den Vordergrund rücken. Atlantis hatte nun wieder seine volle Aufmerksamkeit.

Schnell flogen die Augen des Arztes über all die Meldungen, die während seiner kurzen Abwesenheit neu dazugekommen waren. Aber bei keiner handelte es sich um eine kritische oder dringende Meldung. Wäre so etwas wichtiges aufgetreten, hätte die Stadt ihn das sicher direkt spüren lassen. Er hatte die Verbindung mit dem Kontrollstuhl schließlich nie komplett gelöst.
Nachdem Carson sich davon vergewissert hatte, dass gerade alles planmäßig verlief und keine für die Bewohner bedrohlichen Probleme in den Systemen der Stadt auftraten, konzentrierte er sich auf den von Atlantis eingeschlagenen Kurs und die zugehörigen Landekoordinaten. Er trug der Stadt auf ihm einen größeren Korridor um diese Koordinaten herum anzuzeigen und betrachtete aufmerksam die Bewegung in der schematisch dargestellten Plantenoberfläche. Der aktuelle Landepunkt lag mitten in einer Bucht. Eigentlich keine schlechte Wahl, so hatten sie ungehinderten Zugang zum Festland, was sowohl für die Athosianer als auch die Stadtbewohner eine Erleichterung darstellen würde. Und vielleicht gab es sogar einen hübschen Sandstrand für ein wenig Erholung? Aber da sie sich hier nicht im Urlaub befanden und momentan noch von unbekannten, aber dennoch wahrhscheinlich überaus realen Bedrohungen auf diesem Planeten ausgehen mussten, konnte er Elizabeths Anweisung sehr gut nachvollziehen.
Carson sah sich den Meerbereich vor der Bucht an und versuchte auch deutlich weiter draußen auf dem Wasser alle verfügbaren Daten abzurufen. Atlantis lieferte ihm diese ohne Zeitverzug und der Arzt entschied sich nach kurzer Betrachtung letztendlich für einen anderen Landeplatz auf dem offenen Meer in einem, hoffentlich, "sicheren" Abstand zum Festland. Sobald dieser Punkt festgelegt war, gab der Schotte Atlantis den Auftrag die Landekoordinaten entsprechend anzupassen und rief parallel wieder die Ansicht der aktuellen Flugroute auf.
Doch dort änderte sich nichts.
Verdutzt betrachtete Carson die Koordinaten einen Augenblick in der Hoffnung, dass die Änderung doch noch übernommen wurde. Aber vergeblich. Er kramte daher erneut die gerade ermittelten Koordinaten hervor und widerholte seinen Auftrag an das Steuersystem der Stadt den Kurs entsprechend anzupassen. Doch passieren tat erneut nichts...

Der Schotte murmelte unbewusst einen leisen Fluch in seiner Muttersprache vor sich hin, während sein Geist ein drittes Mal den Auftrag der Kurskorrektur erteilte. Seine Finger verkrampften auf den Gel-Pads und seine Stirn war inzwischen von tiefen Falten gezeichnet. Warum übernahm die Stadt die neuen Koordinaten nicht? Machte er irgendetwas falsch? War es die falsche Reihenfolge der Daten oder hatte er etwas übersehen, was seinen ausgewählten Ort aus Sicht der Stadt als nicht geeignet erschienen ließ?
Um letzteres zu überprüfen, wählte Carson neue Koordinaten, die letztendlich zwischen seiner ersten Wahl und den von der Stadt derzeit in der Bucht vorgesehenen Landekoordinaten lagen. Erneut versuchte er diese in die Planung einzufügen und ihre Flugbahn entsprechend anzupassen, aber Atlantis reagierte nicht. Es fühlte sich beinahe so an, als würde die Stadt seine Befehle bewusst ignorieren. Aber das war unmöglich, es handelte sich hier schließlich um ein programmiertes System. Wieso sollte es einen eigenen Willen haben?
Während Carson diese Gedanken durch den Kopf schossen, nahm er plötzlich ganz sanfte Vibrationen wahr, die im Hintergrund am mitschwingen waren. Seltsam, das war ihm bishar gar nicht aufgefallen. Er hatte keine Ahnung wie lange diese Vibrationsmuster schon da waren und wusste ebenso wenig woher sie kamen. Doch als er sich gedanklich nun auf diese konzentrierte, lieferte die Stadt ihm plötzlich neue Daten, die wie eine Ergänzung zu dem bisherigen Flugplan zu verstehen waren.


„Oh nein…“, murmelte Carson noch halb in Trance, beeilte sich aber zeitgleich aus den Schiffssystemen aufzutauchen. Allerdings nur soweit, wie notwendig war, um ein Funkgerät zu bedienen. Denn jetzt im Moment wollte er definitiv ein wachsames Auge auf die Stadt haben. Der Mediziner hielt seine Augen geschlossen, um die schematischen Darstellungen weiterhin klar sichtbar vor sich zu behalten, während er mit der rechten Hand sein Funkgerät aktivierte.

„Carson an Kontrollraum. Dr. Weir, ich fürchte, wir haben möglicherweise ein Problem… Die Landekoordinaten lassen sich nicht ändern. Ich habe es mehrfach versucht, aber keine meiner Alternativen wurde vom System angenommen. Und da ist noch etwas… Ich habe zwar absolut keine Ahnung von diesen Dingen, aber es fühlt sich an als… naja, als stände Atlantis unter dem Einfluss von einem ‚Traktorstrahl‘. Wie diese Dinger bei StarTrek, mit denen sich Raumschiffe abschleppen oder festhalten lassen. Und wenn ich die Daten hier richtig interpretiere, zieht uns dieser Strahl genau in Richtung der Bucht.“
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Janet Fraiser
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Beitrag von Janet Fraiser » 06.01.2024, 04:42

Funkspruch von der Krankenstation:

“Fraiser an Kontrollstuhlraum, bitte teilen Sie Doktor Beckett mit, dass er sofort auf die Krankenstation kommen soll, wenn er den Kontrollstuhl verlassen hat.”

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Sandra Nelson
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Beitrag von Sandra Nelson » 08.01.2024, 01:38

Sandy musste sich immer wieder geradezu dazu zwingen auf ihre Konsole zu schauen und sich nicht auf das Drama zu konzentrieren, das sich hinter ihr abspielte. Doktor Fraiser und ihr Team kämpften verzweifelt um das Leben von Colonel Sheppard und auch Doktor Beckett wirkte immer angespannter im Kontrollstuhl. Vor ihrem inneren Auge sah sie ihn bereits ähnlich auf dem Boden liegen wie der Colonel und Sandy wusste nicht, ob sie das verkraften konnte. Wenn doch dieser furchtbare Flug endlich vorbei wäre. Aber dafür mussten sie erst einmal landen und dafür brauchten sie einen Piloten. Egal wie sehr sie es sich wünschte, Doktor Beckett konnte aktuell nicht den Kontrollstuhl verlassen, sondern musste sich genau mit der Technologie beschäftigen, die Colonel Sheppard möglicherweise das Leben gekostet hatte.

Doktor Fraisers Frage nach der Zeit ließ Sandy wieder aufhorchen. Wie lange war der Colonel nun schon in diesem Zustand? Für sie fühlte es sich wie eine Ewigkeit an, aber sie war sich sicher, dass es sich nur um Minuten handelte. Oder war es vielleicht doch schon länger? War vielleicht schon jede Hoffnung verloren? Einer der Sanitäter schien etwas bei dem Colonel entdeckt zu haben und auf einmal stockte ihr der Atem. Der Colonel hatte doch nicht schon etwa Leichenflecke? Wenn sie doch nur mehr tun könnte. Die Überwachung des Energieflusses war kaum ausreichend, um sie abzulenken und so kreisten ihre Gedanken immer wieder darum, ob Doktor Beckett bald Colonel Sheppards Schicksal teilen würde und ob der militärische Leiter der Atlantis-Expedition überhaupt noch eine Überlebenschance hatte. Doch dann war plötzlich ein leises Piepsen zu hören. Auf das erste Piepsen folgte ein zweites und schließlich war sich Sandy sicher, dass sie einen ganz normalen Herzschlag hörte. Sie konnte es kaum glauben. Vielleicht gab es ja noch Hoffnung.

Doch auf die erste Erleichterung folgte schon bald ein weiterer Schock. Plötzlich begannen die Lichter im Kontrollstuhlraum zu flackern und auch die Energieanzeigen begannen zu fluktuieren. Irgendetwas stimmte mit den Systemen nicht und es schien sich negativ auf Doktor Beckett auszuwirken.
“Nein.”, murmelte sie leise und wandte sich sofort ihrer Konsole zu. Verzweifelt versuchte sie die Energieströme zu stabilisieren und dadurch dem Chefarzt zu helfen, aber genauso schnell wie die Fluktuationen gekommen waren, waren sie auch wieder verschwunden. Doch genauso war auch das regelmäßige Piepsen nicht mehr zu hören. Stattdessen ließ Doktor Fraiser den Defibrillator aufladen und versuchte das Herz des Colonels mit Elektroschocks erneut zum Schlagen zu bringen.

Eine weitere gefühlte Ewigkeit verstrich, bis Doktor Fraiser den Colonel auf eine Liege legen ließ und ihn fortbrachte. Einem ihrer Sanitäter gab sie jedoch den Befehl im Kontrollstuhlraum zu bleiben, damit er sich im Notfall um Doktor Beckett kümmern konnte und Sandy war sehr dankbar dafür. Die Schweißperlen auf Doktor Becketts Stirn verhießen in ihren Augen nichts Gutes. Hatte Sheppard nicht genauso ausgesehen, bevor er zusammengebrochen war? Doch dann schlug der Arzt die Augen auf und teilte Doktor Weir mit, dass sie den Eintritt in die Atmosphäre überstanden hatten.
“Gut gemacht.”, murmelte Sandy leise und trotz der Anspannung begann sie leicht zu lächeln.

Vielleicht waren die Schweißperlen auf der Stirn des Arztes doch kein Zeichen dafür, dass ihm auch ein furchtbares Schicksal drohte. Im Vergleich zu Colonel Sheppard schien seine Trance aber auch nicht so tief zu sein. Was Sandy jedoch auch für keineswegs verwunderlich hielt. Sheppard war gezwungen gewesen sie aus einer Subraumspalte zu befreien und dabei einen kaum erprobten Antrieb zu benutzen. Doktor Beckett konnte dagegen wahrscheinlich auf bereits existierende Protokolle und Unterstützungssysteme zurückgreifen.

Plötzlich öffnete der Arzt erneut die Augen und ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. Wahrscheinlich suchte er nach dem Colonel. Da Sandy unmöglich genau sagen konnte, wie es dem ersten Piloten dieses verrückten Fluges ging, hielt sie sich im Hintergrund, während Darien ein paar Schritte näher zum Kontrollstuhl ging.
“Colonel Sheppard hat wieder Puls und atmet selbstständig. Bisher ist er aber noch nicht bei Bewusstsein. Doktor Fraiser hat angeordnet, dass er auf die Krankenstation gebracht werden soll.”, erklärte Darien und trat wieder ein paar Schritte vom Kontrollstuhl zurück, als Doktor Beckett erneut seine Augen schloss und sich auf die Systeme der Stadt konzentrierte.

Auf ihrer Konsole konnte Sandy beobachten, dass Doktor Beckett eine Kurskorrektur vornahm, um Doktor Weirs Anweisungen umzusetzen. Doch seltsamerweise änderte sich ihr Kurs nicht. Es war fast so, als wäre der Befehl nicht richtig von der Stadt interpretiert worden. Hektisch flogen Sandys Finger über die Tasten der Konsole und sie konnte Carsons gälischen Fluch nur zu gut nachvollziehen. Das war gar nicht gut. Plötzlich begann auch noch der Boden deutlich zu vibrieren und die Sensordaten zeigten, dass sie tatsächlich von einer Art Energiestrahl zu ihrem Landeplatz geleitet wurden. Doktor Becketts Vergleich mit einem Traktorstrahl war noch nicht einmal unpassend. Der Energiestrahl zog sie geradezu in Richtung einer kleinen Bucht. Dabei hatten sie doch eigentlich geplant mitten auf dem Ozean zu landen. Irgendwie mussten sie sich von diesem Traktorstrahl befreien, aber das einzige, was Sandy einfiel war die Polarität des Schildes umzukehren und das würde dazu führen, dass sie für einen Augenblick die Schilde verlieren würden. Im Moment konnten sie es sich aber nicht erlauben die Schilde für die Umkonfiguration zu deaktivieren. Atlantis war absolut nicht aerodynamisch und der Luftwiderstand würde sie bei der aktuellen Geschwindigkeit auseinanderreißen. So wie es aussah, hatten sie keine andere Wahl als sich zu dem Landeplatz, den die Stadt für sie vorgesehen hatte, leiten zu lassen.

Unwillig aufzugeben begann Sandy trotzdem noch ein paar weitere Berechnungen durchzuführen, bis ein Funkspruch von der Krankenstation eintraf. Doktor Fraiser bat darum, dass Doktor Beckett nach dem Flug so schnell wie möglich auf die Krankenstation kommen sollte. Mehr sagte sie nicht und Sandys Blick wanderte sofort zu Darien, doch er schüttelte nur den Kopf. Offensichtlich wusste er auch nicht, was er von dieser Anweisung halten sollte und wollte nicht, dass sie jetzt darüber sprach, um Doktor Beckett nicht von seiner Aufgabe abzulenken. Möglicherweise hatte er den Funkspruch in der Pilotentrance nicht mitbekommen.

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Elizabeth Weir
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Beitrag von Elizabeth Weir » 06.02.2024, 00:14

Funkspruch aus dem Kontroll- und Torraum

„Carson, auch Dr. Zelenka hat festgestellt, dass wir von einer Art Stahl in die Bucht gezogen werden und das dort sogar eine Art Landevorrichtung vorbereitet wird. Da wir also keine andere Wahl haben landen sie die Stadt dort, aber lassen sie den Schild auf jeden Fall oben. Mit Hilfe der Rapiditas sollten wir noch eine Weile genügend Energie dafür haben. Weir Ende.“

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Carson Beckett
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Beitrag von Carson Beckett » 13.04.2024, 09:37

Direkt nachdem er seinen Funkspruch an Dr. Weir beendet hatte, hatte Carson seine Aufmerksamkeit wieder auf die Systeme der Stadt gerichtet. Seine Augen hielt er weiterhin geschlossen, auch wenn er dennoch weit genug aus der Trance aufgetaucht war, um mitzubekommen was um ihn herum geschah. Er musste schließlich auf Dr. Weirs Antwort und die darin enthaltenen Anweisungen für ihr weiteres Vorgehen warten. Aber er wollte es währenddessen nicht riskieren die Stadt und ihre Systeme unbeobachtet zu lassen.

Es war nicht so, dass Carson der Stadt selbst beziehungsweise ihren Systemen misstraute. Wie könnte er das, wo er doch auf der Krankenstation inzwischen auf diverse Antiker-Systeme und Gerätschaften zurückgriff um seine Patienten zu untersuchen und zu behandeln. Aber er war vorsichtig im Umgang mit diesen Dingen. Denn auch wenn das Misstrauen nicht der Technologie selbst galt, so stellte er sehr wohl die Antiker selbst und ihre Machenschaften und Absichten in Frage.
Bei alldem was sie in den letzten Jahren hier in der Pegasus Galaxie über dieses Volk gelernt hatten, bei den Erfahrungen die sie bei der Erforschung ihrer Entwicklungen und Projekte gemacht hatten, ging es auch kaum anders.

Carson musste unwillkürlich an einen bestimmten Tag zurückdenken, der noch gar nicht allzu lange zurücklag und ihm fast das Leben gekostet hätte. Wäre nicht ein Sicherheitssystem der Stadt über Sensoren rechtzeitig getriggert worden, um eine verborgene Schutztür zu schließen, hätten ihn die Wucht und Hitze der Explosion sicher getötet. So aber war er mit Verbrennungen an einer Schulter, zwei geplatzten Trommelfellen und einem kollabierten Lungenflügel davongekommen. Alles Verletzungen, die dank der schnellen medizinischen Versorgung, die er erhalten hatte, zwar für einen verlängerten Aufenthalt in der Krankenstation gesorgt aber immerhin nicht tödlich geendet hatten.
Es schauderte den Mediziner immer noch, wenn er daran zurückdachte, dass sie das Leben einer jungen Wissenschaftlerin und des tapferen Offiziers verloren hatten, der ihm den explosiven Tumor an diesem Tag abgenommen und somit in unmittelbarer Nähe zu dem Detonationsherd gestanden hatte. Die Schutzkleidung des Mannes, so gut sie auch war, hatte sein Leben leider nicht retten können... Und dann waren da noch die diversen Verletzten nach der ersten Explosion unweit von einem der Hauptkorridore nahe der Kantine. Und all das geschah dank einem Experiment der Antiker, die offenbar nicht davor zurückschreckten Menschen als "lebende Bomben" gegen die Wraith einsetzen zu wollen.
Der Schotte konnte es drehen und wenden, wie er wollte, ein solches Vorgehen war mit seinen eigenen moralischen Grundsätzen absolut nicht vereinbar und mit nichts zu entschuldigen. Nicht einmal mit dem Kampf gegen die Wraith.

Carson behielt aufmerksam die Sensordaten zur aktuellen Flugbahn im Auge und registrierte parallel die vertraute Stimme von Janet Fraiser. Aus seiner Sicht gab es nur zwei mögliche Gründe, um ihn sobald als möglich auf die Krankenstation zu zitieren. Entweder wollte Janet ihn nach diesem Flug sofort ausführlich durchchecken und die folgenden Stunden engmaschig überwachen, um jegliche Form von Nachwirkungen seiner Arbeit hier in diesem Stuhl auszuschließen oder, sollte doch etwas passieren, zumindest direkt eingreifen zu können.
Oder aber es ging um den Zustand von Colonel Sheppard. Es war erleichternd gewesen von Darien zu hören, dass Sheppard wieder selbstständig geatmet hatte, als man ihn zur Krankenstation brachte. Allerdings war das leider keine Garantie dafür, dass es keine weiteren Komplikationen gab. Carson hatte bereits während John die Stadt noch gesteuert hatte mit Medikamenten eingreifen müssen, um den Kreislauf des Offiziers zu stabilisieren. Und er erinnerte sich sehr gut an die Darstellung seiner Hirnströme, die mehr als nur beunruhigend gewesen waren. Er fürchtete daher, dass derzeit noch alles passieren konnte und der junge Mann alles andere als über den Berg war.
Aber egal welcher Grund Dr. Fraiser zu dieser Bitte veranlasste, der Mediziner hatte nicht die Absicht länger als unbedingt notwendig in diesem Stuhl zu sitzen. Ganz im Gegenteil. Er sehnte sich danach die Bedienung der Stadtsysteme wieder vollständig in die Hände fähiger Leute wie Lieutenant Nelson und Radek Zelenka zu geben. Als von Elizabeth schließlich der Auftrag erging die Landung trotz der Einflussnahme dieses „Leitstrahls“ fortzusetzen, zögerte er keine Sekunde.

Sofort ließ sich Carson erneut tiefer in die Systeme gleiten. Die Stadt hatte bereits Vorkehrungen getroffen und die Gott sei Dank recht einfach gehaltenen Checkliste aufgerufen, die von Rodney für solche Fälle erarbeitet worden war. Und mit der er auch mehrfach im Rahmen seiner Übungen in diesem Stuhl von dem Physiker getriezt worden war. Rodney war überzeugt davon gewesen, ihm bestimmte Dinge einbläuen zu müssen, schließlich wisse man nie was noch auf sie zukäme. Carson tat es nicht gern, aber nach den aktuellen Erlebnissen würde er gegenüber seinem Freund wohl zugeben müssen, dass er Recht gehabt hatte. Auch wenn das hieß, dass er in den kommenden Tagen, Wochen und vielleicht sogar Monaten, immer wieder von Rodney in Erwartung eines erneuten Lobs bzw. einer erneuten Anerkennung seiner Leistung und Voraussicht an dieses Thema erinnert werden würde.
Obwohl ihre Reise noch nicht vollends abgeschlossen war, schlich sich der Ansatz eines leichten Lächelns auf das Gesicht des Arztes. Gewissenhaft arbeitete er sich durch all die Dinge, die die Checkliste vorsah, und überprüfte dabei jede Reaktion der Stadt. Die stetige Reduktion ihrer Geschwindigkeit, die für die Landung erforderliche Neuausrichtung der Stadt (immerhin wollten sie nicht seitlich auf dem Wasser aufklatschen) und alles was sonst noch an Arbeitsschritten vorgesehen war, ließen sich ohne die kleinsten Probleme umsetzen. Ganz im Gegenteil, Atlantnis schien aktiv mitzuarbeiten oder aber der Leitstrahl war der Grund dafür, dass die Prozesse der Landung herrlich synchronisiert abliefen. Vielleicht auch eine Kombination aus beidem.

Carson war so sehr in seine Arbeit vertieft, dass die Minuten verstrichen ohne dass er es wirklich wahrnahm. Kurzzeitig nahmen die Vibrationen der Stadt erneut zu bis es schließlich einen finalen Ruck gab, als Altantis auf den sanften Wellen der Bucht aufsetzte. Carson fühlte regelrecht, wie das Wasser unter ihnen kurzzeitig von ihrem Schild verdrängt wurde und an diesem empor spritze. In Sekundenbruchteilen erfolgte eine Anpassung der Schildausprägung an der Unterseite der Stadt und der Rumpf schwamm nun endgültig auf dem sich wogenden Wasser, während der Schild weiterhin die in den Himmel ragenden Gebäude schützend umspannte.

Der Schotte atmete erleichtert aus und schlug die Augen auf, während er sich nun gedanklich aus den Schiffssystemen löste. Die weitere Steuerung der Schilde und Schiffssysteme konnte nun problemlos manuell von den vielen über die Stadt verteilten Konsolen erfolgen. Der Kontrollstuhl richtete sich unter seinem Körper wieder in eine sitzende Position auf und Carson aktivierte nebenher sein Funkgerät.


„Beckett an Kontrollraum, die Landung ist abgeschlossen. Der Andockvorgang dürfte noch laufen, aber dieser sollte von euch überwacht werden können. Ich erbitte Erlaubnis mich zur Krankenstation begeben zu dürfen.“

Nachdem Carson ausgesprochen hatte, blickte er sich im Raum um und warf sowohl der jungen Lieutenant als auch dem Sanitäter einen aufmunterndes Lächeln zu.

„Sieht aus, als hätten wir es tatsächlich geschafft. Was für ein Ritt.“

Der Blick des Arztes ging dann zielgerichtet zu dem Sanitäter: „Und keine Sorge, ich fühle mich gut. Mein Körper ist definitiv fernab von einem Kreislaufstillstand, wenn auch etwas ausgelaugt…“
Genau in diesem Augenblick fing der Magen des Schotten lautstark an zu knurren.
„…und hungrig. Und Müde wohl auch… Ich frage mich, ob hier irgendwer überhaupt noch einen Überblick darüber hat, wie viele Stunden wir wach waren und welches Datum wir haben.“

Carson stieß sich mit den Handflächen von den Armlehnen ab und kam auf die Füße. Seine Beine fühlten sich einen kurzen Augenblick etwas wackelig an, ob vom Sitzen oder einfach dem Wissen, dass sie nun wieder Wasser unter ihren Füßen hatten, wusste er nicht. Aber nach ein, zwei Schritten und ein wenig begleitenden Bewegungen seiner Arme, war das Gefühl verschwunden. Sobald er die Freigabe von Elizabeth bekam, würde er sich auf den Weg zu Krankenstation machen, weshalb Carson schon mal seinen vorhin in der Hektik abgestreiften Kittel vom Boden aufhob und sich überzogen.
“We are going to fight. We are going to be hurt. And in the end, we will stand.”
― "Roland Deschain" aus Stephen King, "The Drawing of the Three"
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Sandra Nelson
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Beitrag von Sandra Nelson » 17.07.2024, 03:06

Sie hatten es geschafft. Sie hatten es wirklich geschafft! Sandy konnte es fast nicht glauben, aber endlich hatten sie wieder festen Boden oder besser gesagt, Ozean unter sich. Die Vibrationen waren am Ende ihres Fluges zwar noch einmal stärker geworden und der Ruck, als Atlantis auf dem Wasser gelandet war, hatte sie fast aus dem Gleichgewicht gebracht, aber es gelang ihr stehen zu bleiben. Glücklicherweise hatten sie die Trägheitsdämpfer andernfalls wäre die Landung wahrscheinlich deutlich rauer oder zumindest viel schwerer für ihren Piloten gewesen. Aber sie waren gelandet und das war das einzige, das im Moment zählte. Sie hatten diesen Höllenritt überlebt, obwohl es einige Male so ausgesehen hatte, als wären sie zwar dem Gammablitz entkommen, aber würden von irgendeiner anderen verrückten Laune des Universums vernichtet werden.

Erstaunt blickte Sandy auf, als sie merkte, dass Darien neben sie getreten war und ihr die Hand auf die Schulter gelegt hatte. Er grinste über beide Wangen und sie konnte es ihm nicht verdenken. Dieser Flug hatte ihnen allen sehr viel abverlangt und nun fühlte es sich zumindest für Sandy so an, als wäre ihr eine gigantische Last von den Schultern gefallen.

Als Doktor Beckett sich aus der Pilotentrance löste und dem Kontrollraum mitteilte, dass die Landung abgeschlossen war, gab es für Sandy endgültig kein Halten mehr. Obwohl sie sonst eigentlich niemand war, der aus sich herausging, spielte sie für einen Augenblick sogar mit dem Gedanken den Chefarzt der Expedition zu umarmen, doch im Endeffekt entschied sie sich doch dafür ihm einfach nur zu applaudieren.

“Das haben Sie großartig gemacht.”, jubelte sie ihm zu und schließlich stimmte auch Darien in ihren Applaus ein, obwohl ihm deutlich anzusehen war, dass er sich Gedanken, um den Gesundheitszustand des Chefarztes machte.

Da Darien erst mit Doktor Fraiser in den Kontrollstuhlraum gekommen war, wusste er nicht, dass es schon vorher sehr schlecht um Colonel Sheppard bestellt gewesen war und man ihm die Belastung deutlich angesehen hatte. Auch wenn sein Zusammenbruch erschreckend gewesen war, im Nachhinein war es kein Wunder gewesen, dass er irgendwann nicht mehr in der Lage gewesen war, die Stadt zu steuern. Aber bei Doktor Beckett konnte sie keine der Anzeichen für eine Überanstrengung erkennen. Daher glaubte sie ihm auch sofort, als er behauptete, dass es ihm gut ging. Müde waren sie wahrscheinlich alle und Sandy musste zugeben, dass sie ebenfalls hungrig war. Die Zeit hatte sie dagegen vollkommen aus den Augen verloren. Ein Blick auf ihre Uhr zeigte ihr dann jedoch, dass sie gar nicht so lang unterwegs gewesen waren, wie es ihr vorgekommen war. Besonders die Zeit in der Subraumblase hatte sich wie eine Ewigkeit angefühlt und auch die Landung hatte sich gefühlt stark in die Länge gezogen. Ganz zu schweigen von dem Zeitraum, in dem Doktor Fraiser um das Leben von Colonel Sheppard gekämpft hatte.

“Wir sind ca. 18 Stunden unterwegs gewesen. Auf Lantea wäre es nun Mitternacht.”, sagte Sandy und sah dann noch einmal auf die Uhr. Sie waren sechs Stunden länger unterwegs gewesen als geplant und dabei hatte niemand von ihnen mehr daran gedacht, was heute Abend auf Lantea geschehen würde. Nun war Atlantis ehemaliger Heimatplanet schon seit etwas mehr als vier Stunden fort. Traurig ließ Sandy den Kopf hängen. Sie war noch nicht lange auf Atlantis gewesen und hatte noch nicht einmal das Festland von Lantea besucht, aber der Gedanke an all das, was der Gammablitz nun zerstört hatte, war furchtbar.

“Lantea ist inzwischen wahrscheinlich nur noch ein toter Steinplanet. Alle Lebewesen, die auf dem Planeten zurückgeblieben sind, sind tot.” Sandy musste besonders an die Wale denken. Laut den Berichten hatten sie deutlich gezeigt, dass sie mindestens so intelligent wie die Wale auf der Erde waren und nun war diese wunderbare Spezies fort. Und dann kam ihr noch etwas anderes in den Sinn. Sandy blickte rasch auf den Bildschirm ihrer Konsole und dann wieder zu Doktor Beckett.

“Wir können jedoch nicht mit absoluter Sicherheit sagen, dass wir uns tatsächlich zu einem Zeitpunkt 18 Stunden nach unserem Start befinden. Die Subraumblase hat außerhalb unserer Raumzeit gelegen und es ist nicht auszuschließen, dass wir zu einem vollkommen anderen Zeitpunkt wieder in den normalen Raum eingetreten sind. Es ist durchaus möglich, dass wir bei dem Flug durch das Wurmloch nicht nur durch den Raum sondern auch durch die Zeit gereist sind. Wir könnten uns in der Zukunft aber auch in der Vergangenheit befinden. Um hierzu genauere Aussagen zu treffen, sind umfangreiche Scans und Berechnungen notwendig.”, erklärte Sandy und musste schlucken.

Eine Reise in die Vergangenheit könnte ihnen vielleicht sogar hilfreich sein, wenn sie irgendwann auf die Erde zurückkehren und den Kampf gegen die Ori aufnehmen würden. Sollten sie aber in die Zukunft gereist sein, dann hätten sie den Ori wertvolle Zeit geschenkt und Sandy wollte sich nicht ausmalen, wie die Ori diese Zeit genutzt haben mochten. Aber noch wussten sie weder das eine noch das andere mit Sicherheit. Wichtig war nur, dass sie lebten und die Expedition weitergehen konnte.

“Möchten Sie vielleicht einen Energieriegel?”, fragte Sandy schließlich und zog den Riegel aus ihrer Tasche. Noch hatte Doktor Weir ihnen nicht die Erlaubnis erteilt ihren Posten hier im Kontrollstuhlraum verlassen zu dürfen, also konnten sie durchaus auch das beste daraus machen und zumindest eine Kleinigkeit essen, bevor Doktor Beckett auf der Krankenstation benötigt wurde und sie sich wahrscheinlich in den Kontrollraum begeben würde.

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